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Alles Farbe – Schwarz und anderes Buntes

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Alles Farbe

Schwarz und anderes Buntes

Im Takt des Tiegels

Bei dem gestrigen Probedruck des Bleisatzes mit schwarzer Farbe auf dem zartgrünem &-Zeichen waren wir überrascht, wie wenig das große & unter dem dominanten Schwarz noch zu sehen war. Karl hat daher gestern Abend, als ich schon weg war, alle großen Hintergrund-& noch einmal mit einem zweiten, neugemischten Farbauftrag  verstärkt. Ich bin Karl sehr dankbar, denn somit können wir heute tatsächlich alle Plakate mit dem Schwarz bedrucken. Wir machen uns gleich ans Werk, zumal wir wegen außerhäusiger Termine heute nicht lange in der Werkstatt bleiben. »Da freut sich mein Tiegel richtig, wenn er wieder schaffen darf« sagt Karl liebevoll, während er das Schwarz in den Farbkasten füllt und an den Zonenschrauben die Farbverteilung auf den Walzen reguliert. Für einen Moment meine ich in dem Schnaufen der Druckmaschine Lachen zu hören.


Farbwissen

Ich lerne den Unterschied zwischen »wegschlagender« und oxidativer, also lufttrocknender Farbe kennen und für welche Papiere sich diese Farben jeweils eignen. Wegschlagende Farbe dringt in das frisch gedruckte Papier ein und wird aufgesogen, muss also nicht an der Luft trocknen. Im Fachjargon spricht man von »weggeschlagen«. Auch erfahre ich vom pigmentreichen, tiefschwarzen »Prachtdruckschwarz«, das einst extra für den Buchtdruck hergestellt wurde. Die Farbe für das Grün hat Karl aus der Sonderfarbe HKS 65 und dem Transparentweiß gemischt. Bei Sonderfarben spricht man auch von Schmuckfarben oder Volltonfarben. Diese bieten eine 100-prozentige Farbsicherheit, die es beim Mischen nicht gibt.

Ich genieße dieses geballte Wissen und sauge es auf – ich bin wohl auch wegschlagend.

 


Pressetermin im Druckmuseum

Am späten Vormittag sind wir im Druckmuseum mit dem Direktor und einem Journalisten von der Lokalpresse verabredet, die sich für meine TypoWalz bei Karl interessieren. Ich freue mich sehr darüber, entspricht es doch meinem Wunsch, so viel es geht davon zu berichten, damit dieses Wissen nicht verschwindet. Das Handwerk entspricht zwar nicht mehr den heutigen Anforderungen der Druckindustrie, darf aber keinesfalls in Vergessenheit geraten. Daher gilt es, dieses Kulturgut neu zu beleben. Beim Direktor und auch beim Journalisten ist die Neugier geweckt und beide freuen sich auf meine Einladung zum Blog, um mich auf dieser wunderbaren Reise auch weiterhin zu begleiten. Für den Zeitungsartikel stellen wir uns an die alte Ideal Hogenforst aus dem Jahr 1900, ich ziehe kräftig an dem Arm der Kniehebelpresse und unsere Freude wird fotografisch festgehalten.

Ich bin gespannt auf den Artikel und das Foto ☞ Presse


Kaufmännisches Und-Zeichen

Auf dem Rückweg in die Werkstatt entdecken wir in den Straßen, an Schildern und Werbeflächen weitere &-Figuren und Karl staunt nicht schlecht, wie viele es überall davon gibt. Es ist erfreulich zu sehen, wenn sie typografisch richtig verwendet werden und nicht als einfacher Ersatz für ein ›und‹.

In der Werkstatt ist die Wahl der richtigen Farbe gleich zu spüren, sie ist trocken und das Ergebnis lässt sich sehen. Der zartgrüne Zweifachdruck wirkt erfrischend durch das satte Schwarz der scheinbar unendlichen Lettern. Et, et und & in allen Formen und Größen, Figuren, die erst jetzt wirkungsvoll zur Geltung kommen und sich gegenseitig kennenlernen. So, sieht man sie selten. Alle haben zu erzählen, die einen mächtig, andere schüchtern. Manche waren vielleicht Teil in Inschriften eines erfolgreichen Handelshauses oder stolz zwischen zwei Händlernamen, andere könnten in Stempeln, Schildern oder Markenzeichen künstlerisch ihre Aufgabe als kaufmännisches Et-Zeichen erfüllt haben.


Von einer zur anderen Veredelung

Während ich den Zeichen zusehe und versuche ihren Geschichten zu lauschen, keimt in Karl schon die Idee zur nächsten Veredelung unseres kleinen Plakates. Es wird eins der Zeichen zusätzlich noch aus dem Papier mit seinem Laserschneider herausgebrannt. Oh, was für eine schöne Idee. Morgen, am letzten Tag dieser Woche soll das geschehen.

Heute steht noch anderes auf dem Programm, denn wir werden am Abend zum »Gregor calender award 2020« in das rund 90 Kilometer entfernte Stuttgart fahren und dort auch Willi Beck aus Dachau treffen, bei dem ich meine TypoWalz im Sommer letzten Jahres begann. Er hat mit seinem typografischen Kalender »Wenn die Tage erscheinen, vergeht die Zeit« einen Preis erhalten. Es ist ein besonderer Kalender, gedruckt auf 200g Transparent von Gmund, die Titelzeile als Irisdruck von schwarz nach weiß. Die Monate sind als Farbkeil dargestellt, die in ihrer Gesamtheit einen Farbkreis ergeben. Der Text stammt von Gerd Scherm.


Buntes Fachwissen

der Schwarzen Kunst

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Kommentare: 2
  • #1

    Fritz van Rechtern (Samstag, 25 Januar 2020 17:12)

    Hallo Jana! Als ich den Hintergrund in dem zarten Grün sah, dachte ich auch sofort an ein zu helles Grün. Ja, manchmal muss man da schon etwas nacharbeiten, wenn es nicht so gefällt. Ich war mal für einige Jahre an einer Vierfarbenmaschine im 3 b Format als Drucker beschäftigt. Dort haben wir mal 52 Farben mischen müssen und auch drucken dürfen. Es handelte sich seinerzeit um eine farbige Fugenmasse für Fliesen. Diese Farbtöne mussten ganz genau im Druck wiedergegeben werden. Wir sollten eine Auflage von 5.000 Ex. drucken und gingen zunächst mit 8.500 rein und kamen am Ende auf 4.500 Stück. Damit waren wir eine Woche beschäftigt. Hier sehe ich nun ein tolles Druckergebnis. Liebe Grüße vom Gutenbergjünger Fritz van Rechtern

  • #2

    Jana auf TypoWalz (Montag, 27 Januar 2020 13:47)

    Hallo Fritz,
    schön, dass du mich auf meiner Reise begleitest und ich auch bei dir Erinnerungen wecke. Es freut mich, dass du mit erfahrenem Blick auf unser Druckergebnis siehst und es dir gefällt.
    Hab Dank und
    ☞ Gott grüß die Kunst