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Geschichte hautnah

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Heute tauchen wir ein

in die Geschichte

Ein Lebenswerk

Heute wird Hans Dubronner anreisen, bei dem ich vor einem Jahr in Bruchsal als 2. Station auf meiner TypoWalz war. Auch er freut sich, von einem Fachmann einen Einblick in die Produktion der Holzbuchstaben zu bekommen und von der notwendigen Beschaffenheit des Holzes zu erfahren.

Wir treffen Hans in der ehemaligen Molkerei, zeigen ihm das große Inventar und setzen uns in die Halle, in der die Museumsdruckerei später ihre Räume beziehen wird. Anhand der Baupläne zeigt uns Michael die künftige Nutzung als aktives Museum in Form einer offenen Werkstatt und eines außerschulischen Lehrraums. Dieses Projekt ist ein Glücksfall für den Erhalt des Handwerks, in dem so viel Wissen, Kompetenz, Erfahrung und Herzblut steckt. Es ist Michaels Lebenswerk und will gut durchdacht der Stadt Hoya übergeben werden.


Mit Druck zur Leidenschaft

Mit vollem Elan begann Michael als Lehrer 1993 an der Wecholder Grundschule in Schüler-AGs auf Handpressen die Zeitung »Der Druckfehler« herzustellen und weckte damit große Begeisterung. Aus den AGs entstand eine Schuldruckerei, die durch Auflösungen von Druckereien immer umfangreicher wurde. Der wachsende Maschinenpark, die vielen Schriftregale, Abziehpressen und weiteres Buchdruckzubehör zogen wegen Platzmangels Ende der 90er Jahre in das alte Pfarrhaus in Hoya. Und nun, gute 20 Jahre später, entsteht daraus in Zusammenarbeit mit Michaels Frau Sylke und den  »12 Jüngern der schwarzen Kunst« in der alten Molkerei ein lebendiges Buchdruckmuseum.


Wenn Buchstaben fehlen oder zerstört sind

Wir fahren zurück auf den Bauernhof der Familie Linke und gehen direkt in die Holzwerkstatt. Hans ist schon voller Vorfreude.

In all den Setzereien, die Michael bisher zu sehen bekam, haben ihn besonders die vielen Plakatschriften fasziniert, die wegen ihrer Größe nicht aus schwerem Blei, sondern aus Holz hergestellt wurden. Oft fehlten in den großen Schriftkästen immer wieder einzelne Buchstaben oder wurden durch das viele Drucken unbrauchbar.


Lernen von den letzten Meistern

Um diese zu ersetzen, tauchte Michael in die Geschichte der Holzschnitzer ein, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Nordamerika begann. Hans und ich sind neugierig und stellen Fragen über Fragen. Wir erfahren, dass es im Jahr 1998 noch eine Manufaktur im englischen York gab und er dort bei Robert D. DeLittle – einem der letzten seiner Zunft – das Fräsen von Holzlettern auf alten Pantographen-Maschine erleben und selbst lernen konnte.


Fräsen allein macht noch keinen Buchstaben

Nun wird es Zeit für mein gestern begonnenes »Et« und ich mache mich ans Werk. Der Taster rechts ist recht schwungvoll, ich habe Mühe, ihn zu bändigen und schon ist es passiert. Die bauchige Unterkante meiner jungfräulichen Letter hat eine Delle. Außerdem stelle ich fest, dass die Strichstärke deutlich dünner ist als die meiner Vorlage. Ich lerne, dass das Verhältnis von Tasterdicke zu Fräserdicke bedacht werden muss und mein Fräser zu breit war.


Ein Handwerk, das ausstirbt

Es braucht viel Fertigkeit und Erfahrung, um gleichmäßige Plakatlettern herzustellen. Ich gebe nicht auf und fräse weiter an meinem zarten Buchstaben, um ihn trotzdem fertigzustellen. »Beten scheef hett Gott leef« denke ich, denn mir wird jetzt erst klar, was für eine Arbeit in der Fertigung von präzisen Holzbuchstaben steckt und welche Kostbarkeiten ich beim Setzen in den Händen halte. Ich bin ganz ehrfürchtig und gleichzeitig wird mir bewusst, dass auch dieser Beruf ausstirbt. Heute ist Michael einer der Allerletzten seiner Zunft. 

Und ein weiteres »Et« entsteht.


Es wird höchste Zeit

über den Erhalt unserer Kulturgüter nachzudenken

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