
Schöpferisch in der weißen Kunst
Heute bei Matthias in der Papieroffizin
Ein Intensivkurs in der Papieroffizin
Lange habe ich darauf gewartet nach Fürth zu reisen, um bei dem Handpapiermacher Matthias Schwethelm an einem Intensivkurs teilzunehmen. Nun ist es endlich soweit und ich freue mich weiter in die weiße Kunst einzutauchen – im wahrsten Sinne. Matthias ist leidenschaftlicher Papiermacher und Gründer der Papieroffizin, einer Manufaktur, in der er handgeschöpfte Büttenpapiere herstellt für alle, die dieses Handwerk zu schätzen wissen.
Neben individuellen Sonderanfertigungen nach Kundenwünschen bietet er unterschiedliche Workshops und eben auch Intensivkurse an – nun, hier bin ich.
Auf Entdeckungsreise in der weißen Kunst
Mein Interesse an der Herstellung des Materials, auf dem ich drucke, ist immer noch sehr groß und ich habe seit dem ersten Kurs bei Drew viel ausprobiert und experimentiert. Jetzt freue ich mich auf weiteres Lernen und hoffe auf Antworten meiner entstandenen Fragen. Matthias Werkstatt ist einladend und es gibt hier viel zu entdecken. Er experimentiert unter anderem mit der Herstellung von Papierlampen, wie diese ansprechenden Exemplare zeigen.
Die Format- und Materialkunde
Nach einer Werkstoffkunde und Bücherempfehlung zeigt Matthias uns seine diversen Schöpfsiebe für vielfältige Papiergrößen. Nicht nur die Formate der Deckel sind entscheidend für ein hochwertiges Ergebnis, sondern auch die Qualität und Dichte der Siebe selbst. Diese werden – wie ich lerne – oft zweifach verwendet, vernäht und unterseitig mit vielen Stützstreben versehen. Damit wird das Sieb stabilisiert und nach dem Schöpfen kann beim Abgautschen mehr Druck auf das Papier ausgeübt werden.
Eine Überraschungsbox
Für unseren Kurs sind mehrere Bütten vorbereitet, auf denen Holzrahmen stehen, die sehr neugierig machen. Matthias beginnt sogleich, deren Funktion und Besonderheit zu erklären. Da es schwer ist, Papier in immer gleicher Stärke zu schöpfen, ist die »Deckelbox« eine enorm effiziente Hilfe. Hierbei wird auf das Schöpfsieb mit dem gewünschten Deckel für die Papierform zusätzlich noch dieser Rahmen gesetzt und an den Seiten mit Hilfe von Scharnieren fest zu einer Deckelbox verbunden. Diese kommt dann in die Bütt.
Effektives Schöpfen
In der Bütt ist nur Wasser und keine Pulpe, wie man es sonst kennt. Die Pulpe, also der Papierbrei, wird diesmal direkt in die Deckelbox gegeben, dort verwirbelt und geschöpft. Nach dem Abtropfen werden die Scharniere geöffnet und der Rahmen gelöst. Nun kann wie gewohnt das Sieb abgegautscht werden. Das Besondere ist, dass man immer genau die gleiche Menge Pulpe in die Deckelbox geben kann und damit eine annähernd gleiche Papierstärke erreicht. Ich bin sehr angetan von dieser simplen, aber sehr effektiven Idee.
20 auf einen Streich
Nun also ran an die Box und ausprobieren. Doch bevor ich anfange, entdecke ich im Regal noch einen besonderen Deckel mit vielen kleinen Fächern, die wohl für Visitenkarten sind. Matthias bestätigt dies und baut mir diese große Box mit einem deutlich dünneren Rahmen gleich zusammen. Außerdem gibt er mir einen Messbecher, in den genau die errechnete Menge Pulpe für 300 g/m² Karten passt. Sehr begeistert lege ich nun los und versuche die abgemessene Pulpe gleichmäßig zu verteilen.
Einfach genial
Nach einigen Versuchen gelingt es mir, so dass ich die Box und den Rahmen von dem Sieb lösen kann. Es ist eine simple wie geniale Methode, die Papierstärke einheitlich zu erhalten, wenngleich ich natürlich noch ordentlich üben muss. Meine bisherigen Versuche mit Deckeln, die ich herstellen ließ, waren nicht annähernd so erfolgreich. Mal hat sich das Material nicht bewährt, das eine zu weich, das andere zu wenig elastisch und letzteres führte zu unsauberen Papierkanten. Also, alles bisher nicht optimal.
Neue Formen, neues Lernen
Nun will ich auch noch mit anderen Deckeln arbeiten, diese sind ohne Deckelbox, daher direkt aus der Bütt zu schöpfen, so wie ich es kenne. Meine eigenen führen oft dazu, dass Pulpe unter die Deckel rutscht oder die Ränder beim Abheben derer ausfransen. Nun bin ich gespannt, wie es mit diesen sehr hochwertigen Format-Deckeln funktioniert, schöpfe und lasse einen Moment das Wasser ablaufen.
An dieser Bütt hat Matthias eine weitere tolle Eigenkonstrukion gebaut für die Ablage, die seine Arbeitsabläufe optimiert.
Dankbar für gute Tipps
Die ersten Schöpfvorgänge auf dem feinen Struktursieb gelingen gut und ich kann etliche Karten und Kreise abgautschen. Nach einiger Zeit jedoch fransen auch hier die Ränder beim Heben des Deckels und ich kann diese nicht verwenden und versuche es erneut. Ohne Erfolg. Daher frage ich Matthias um Rat und höre, dass es auch ihm passiert. Er hat daher begonnen, die Rahmen-Innenkanten zusätzlich mit Klebefolien zu glätten, um dies zu verhindern. Das ist ein guter Tipp, den ich mir merken werde.
Entwässern und verdichten
Es sind dennoch einige Karten und Kreise so gelungen, dass ich sie schöpfen und abgautschen konnte. Diese kommen anschließend gestapelt in der Presse hydraulisch ordentlich unter Druck. Schnell läuft das Wasser aus den Lagen wie zu sehen. Matthias hat einen Hubwagen, mit dem er die schweren Stapel bequem transportieren kann. Dies ist bei den Mengen, die er alltäglich schöpft, gautscht und legt, sehr sinnvoll. Immerhin wird hier nicht nur sehr leidenschaftlich, sondern auch wirtschaftlich für dem Verkauf gearbeitet.
Prüfen und auseinanderlegen
Nach dem ersten Pressen werden die Blätter eins nach dem anderen von dem Filz abgehoben und auf dünne Filztücher gelegt. Sollte mal ein Fussel oder Ähnliches mit geschöpft worden sein, so hilft die Pinzette, um diese zu entfernen. Während ich Blatt für Blatt abhebe, geht mir durch den Kopf, dass dieses Handwerk ebenfalls vom Aussterben bedroht ist und auch die Papierindustrie kämpft. Der weltweite Onlinehandel fordert Kartonagen und weniger hochwertige Papiere.
Trocknung in der Spindelpresse
Die einzelnen Blätter sind nun Lage für Lage auf den Filztüchern verteilt. Nach jeder Lage folgt ein Brett mit Kunststoffgewebe, um eine optimale Durchlüftung und gleichzeitig eine Stabilisierung des Stapels zu ermöglichen. In dieser Trockenkiste mit Spindelpresse ist eine Saugvorrichtung zur Entlüftung eingerichtet. Damit ist eine optimale Trocknung auch großer Mengen möglich.
Und wie immer zum Abschluss gibt es noch ein gemeinsames Foto.

Mit der Post nach Hamburg
Wie es sich für einen Intensivkurs gehört, ist er nachhaltig und ich habe sehr viel gelernt. Auf meiner Wunschliste steht nun – wie sollte es anders sein – eine Deckelbox für meine Arbeit.
Nach einigen Tagen Geduld, kam heute nun die Lieferung meiner Büttenpapiere an und ich bin sehr angetan. Die Papierstärke der Visitenkarten ist tatsächlich ziemlich einheitlich, die Kanten recht ordentlich. Auch die runden und anderen Formate sind schön geworden und ich bin sehr zufrieden.

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Elmarito (Montag, 10 Februar 2025 15:41)
Sehr geehrte Papierschöpferin
Ein sehr aufschlussreicher Bericht
Dankeschön
Elmarito
Jana auf TypoWalz (Dienstag, 11 Februar 2025 10:58)
Lieber Elmarito,
vielen Dank für diesen netten Kommentar und
☞ Gott grüß die Kunst
Sandra (Donnerstag, 13 Februar 2025 08:55)
So schöne Ergebnisse. Tolle Formen, richtig genial. Danke für diesen tollen Bericht liebe Jana.
Jana auf TypoWalz (Donnerstag, 13 Februar 2025 11:07)
Moin Sandra,
danke für dein Lob und Freude, die dir dieser Bericht gemacht hat und
☞ Gott grüß die Kunst