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Ein Tag bei Drew Matott und Jana Schumacher

Von der Schwarzen zur Weißen Kunst

Heute bei Drew und Jana im St. Pauli Paper Studio

Der Papiermeister und die Künstlerin

Endlich bin ich mal wieder zu Besuch in einer Werkstatt. Heute nutze ich ein VHS Angebot zur Papierherstellung in dem St. Pauli Paper Studio Hamburg. Der Papiermeister Drew Matott und die Künstlerin Jana Schumacher weisen uns in die Herstellung des Papiers ein, um aus gebrauchten pflanzlichen Textilien den Faserrohstoff zu gewinnen. Dies geschieht im »Holländer«, in dem mit Hilfe von Wasser die Fasern zerkleinert und geschlagen werden. So entsteht die sogenannte Pulpe. Diese muss nun erst einmal für längere Zeit ruhen.


Die Farben der Kleidung

Es ist faszinierend, dass getragene Kleidung aus Leinen, Baumwolle, Hanf, Flachs u.a. so recycelt und als Papier wieder neu verwendet werden kann. Diese Idee eröffnet ganz neue Möglichkeiten. Dass früher Lumpensammler unterwegs waren, um aus dem Rohstoff bzw. Hadern Papier herstellen zu können, wusste ich bereits von der Büttenpapierfabrik Gmund. Aber an die Möglichkeit des heutigen Recycelns habe ich noch gar nicht gedacht. Schnell wird klar, dass sich mir ein ganz neuer »Stoff« auftut und meine Neugier wächst.


Zerkleinert und bereit zum Schöpfen

Am Beispiel der vorbereiteten weißen Pulpe aus T-Shirts zeigt Drew uns die Technik des Schöpfens mit Hilfe von Schöpfrahmen in verschiedenen Größen und einem dazugehörigen Schöpfdeckel, der die Kanten des späteren Papiers bestimmt. Die Menge der Fasern im Wasser, die Tiefe und Art des Eintauchens des Rahmens mit Deckel sowie die vorwärts und seitwärts Bewegungen bestimmen die spätere Papierstärke und Qualität des Papiers. Es scheint einfach, doch ich ahne, dass es nicht so ist.


Das Papiergautschen

Ist der Deckel entfernt, wird der Schöpfrahmen auf einem Gautschfilz über eine Seite des Rahmens abgerollt. Jana erklärt und zeigt dies ausführlich, während sie das herausquellende Wasser mit einem Schwamm aufnimmt. Anschließend hebt sie den Rahmen und man ahnt schon, was für ein feines Papier daraus entstehen wird. Nun wird gleich Lage für Lage Papier aufgebracht und mit Gautschmatten getrennt.


Unerschöpfliche Freude

Nun sind wir alle an der Reihe. Gerda schöpft unter Anleitung von Drew ihr erstes Mal Papier und ist zur Freude von Drew sichtlich im Glück . Während die einen  zu schöpfen beginnen, sind die anderen bereits dabei ihre Papiere abzugautschen. Es geht Hand in Hand wie früher bei Schöpf- und Gautschgesellen, der eine schöpft, der andere legt ab und sorgt nach jedem Blatt für ein neues Flies, bis ein ganzer Stapel, die »Pauscht«, bereit für die Spindelpresse ist.


Mixen, mischen einfach schöpferisch

Nach den ersten Schöpfübungen aller Workshop-Teilnehmenden, zeigt Drew uns weitere Techniken, um geschichtete Papiere oder mehrfarbige herzustellen. Und wir beginnen alle begeistert mit den verschiedenen Farben der aufbereiteten Altkleiderpulpen zu testen und experimentieren. Es ist eine recht nasse Angelegenheit und wir sind froh über unsere Gummischürzen und unser wasserfestes Schuhwerk. Der Phantasie sind nun keine Grenzen gesetzt und ein reges Treiben beginnt.


Von bunt bis grau

Die einen schichten mehrere Farben nacheinander oder tropfen darüber weitere Farben oder einfach nur Wasser. So entstehen sehr unterschiedliche Bilder. Mir schweben Papiere vor, die ich später im Buchdruck weiterverwenden kann und versuche mich im Mischen von den schwarzen, weißen und beigen Pulpen. Je mehr Schichten aufeinanderfolgen, um so dicker wird natürlich das letztendliche Papier, wie wir schnell lernen. Eine kindliche Freude keimt in uns allen und eine fröhliche Stimmung gluckert durch die Werkstatt.


Mal anders »drucken«

Im Anschluss führt Drew uns noch einen »Papierdruck« vor, bei dem mit Hilfe vorbereiteter dünner Schablonen sehr feine Fasern aufgesprüht werden. Da es sich bei der Papierherstellung immer um Pflanzenfasern handelt, können diese sich auch bei extrem dünnen Sprühfilm miteinander verzahnen. Dadurch ist es möglich, die Schablonen, die eigentlich für den Siebdruck gedacht sind, auch hier in der Papierherstellung zu nutzen. In mir sprudeln die ersten Ideen zur Weiterverarbeitung.


Nun heißt es drücken

Während viele nun die Schablonen nutzen und ihre Blätter drucken, füllt Drew die große Stapelpresse, um die Pauscht, also die Stapel handgeschöpfter Papierbögen mit zwischengelegten Filzen für die erste Pressung vorzubereiten. Es muss ein mittig und waagerecht ausgerichteter Stapel werden, den Drew nach und nach mit Paletten und Hölzern aufbaut. Die Kraft der großen Presse erfolgt mit einem Druckluft-Wagenheber. Durch den immer stärker aufgebautem Druck beginnt das Wasser zu tropfen und schließlich zu fließen.


Erste Pressung vor der anschließenden Trocknung

Der hohe Druck in der Stapelpresse hat zum einen das Wasser aus den Bögen getrieben und zum anderen für eine weitere Festigkeit des Papiers gesorgt. Jetzt werden Lage für Lage vorsichtig geöffnet und diese samt Gautschmatte zur Trocknung an die Decke der Werkstatt gehängt. Erste Ergebnisse sind zu sehen und die Vielfalt der Techniken, die wir kennengelernt und umgesetzt haben. Die Leinen füllen sich langsam und es plätschert immer lauter, fast, als würde es von der Decke regnen.


Geduld

Bis die Papiere vollständig getrocknet sind und weiterverarbeitet werden können, braucht es Zeit. Der echte Regen aktuell ist da leider nicht sehr hilfreich, da damit eine hohe Luftfeuchtigkeit einhergeht. Wir müssen uns also gedulden und kommen in ein paar Tagen wieder.


2. August 2023

Lange noch nicht erschöpft

Das Warten hat sich gelohnt und begeistert öffne ich meine Stapel, die erneut in der Presse waren. Die Papierränder, die Büttenkanten, sind sehr unterschiedlich, je nachdem, wie gut ich den Deckel auf den Rahmen gedrückt habe und wie sauber dieser vorher war. Bei den geschichteten Blättern ist die Dicke deutlich stärker und einige haben tatsächlich die Vorder- und Rückseite in verschiedenen Farben. Die Mischtechnik hat zu wolkigen Blättern geführt.


Neue Papierperspektiven

Danke Drew und danke Jana

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Kommentare: 2
  • #1

    Sabine Müller-Braaker (Freitag, 04 August 2023 09:35)

    Liebe Jana, vielen Dank für deinen ausführlichen, anschaulichen, begeisternden Bericht. Es gelingt dir immer wieder, mich eintauchen zu lassen in fremde, spannende handwerkliche Welten. Vielen Dank dafür!!!

  • #2

    Jana auf TypoWalz (Freitag, 04 August 2023 10:18)

    Liebe Sabine,
    wie schön zu lesen, dass es mir gelingt dich mit auf meine Reise zu nehmen in diese dir fremden Welten. Mehr kann ich nicht erreichen, wenn ich es schaffe zu begeistern. Dann bin ich auf dem richtigen Weg.
    Vielen Dank