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Drei Tage bei Johannes Follmer

Büttenpapier seit Generationen

Diesmal bei Johannes in der Papiermühle Homburg

Weißes Handwerk im Familienbetrieb

Gleich zu Beginn des Papier-Kurses bekommen alle Teilnehmenden von Johannes Follmer persönlich eine Führung durch die historische Papiermühle Homburg. Diese 1807 erbaute Papiermühle ist seit 1853 im Besitz der Familie Follmer und dies inzwischen in 5. Generation. Der Produktionsbetrieb ist 1975 nach gut einem Jahrhundert zu einem musealen Industriedenkmal geworden und steht heute mit weiteren Papiermühlen auf der Bewerberliste zum UNESCO-Weltkulturerbe.


Recycling ist keine Erfindung der Neuzeit

In dieser Mühle sind noch alle historischen Maschinen, Pressen und Gerätschaften zu sehen und deren Nutzung an Tafeln erklärt. Früher wurden von Lumpensammlern Altkleider genutzt, um aus dem Rohstoff die Fasern zur Papierherstellung zu gewinnen. Der nach dem Zerkleinern und Einweichen entstandene Faserbrei wurde je nach Nutzung mit weiteren Zusätzen wie Leime für Schreibpapiere versehen –  wie Johannes erzählt und uns das Schöpfen eines kleinen Bogens mit eigenem Wasserzeichen zeigt. 


Schwere Maschinen und Arbeitsbedingungen

Weiter geht es in die feuchten Gemäuer, in denen wir staunend vor den großen Maschinen stehen, die aus Altkleidern tatsächlich Papiere hergestellt haben. Wir sehen Einweichtrommeln, riesige Mühlsteine, die die Fasermasse zermahlten, eine üppige Rührbütte, von der aus der Faserbrei zur großen Papiermaschine geleitet wurde. Es muss unfassbar laut und feucht gewesen sein, was das Arbeiten sehr erschwert hat. Johannes erklärt die Abläufe, die diese mechanischen Riesen leisteten, alle vom großen Wasserrad draußen angetrieben wurden und sogar heute noch werden können.


Je nach Witterung

Nach dem Nasspressen auf Gautschfilzen werden zum Trocknen der Papiere bis heute  die Dachböden der Mühle genutzt, die mit speziellen justierbaren Lüftungsklappen die Luft optimal nutzen. Je nach Witterung kann die Trocknung Tage oder gar Wochen dauern. Insbesondere muss bei Gewitter und Sturm darauf geachtet werden. dass die Papiere nicht durcheinander wirbeln, Frost kann durch Bildung von Eisblumen zu Flecken führen.

Früher wurden die bestellten Papiere in individuellen Ries-Papieren eingeschlagen, die den jeweiligen Namen des Kunden enthielten. 


Trocknen, zählen, pressen und versenden

Neben den Trockenseilen werden auch heute noch sogenannte Trockenleisten oder auch -kämme verwendet. Diese nutzen die Schwerkraft der eingehängten Papiere und verkanten zum Halten. Zum Lösen werden die kleinen Holzkeile von unten gehoben und das getrocknete Papier kann, bzw. die hier früher hergestellten Pappen konnten wieder entnommen werden. 

Nach dem Trocknen wurden die Pappen von Hand gezählt und erneut gepresst, um dann die Gebinde für den Versand zu verpacken. 


Tradition bis heute

Seit dem Stilllegen des Produktionsbetriebs bemüht Johannes sich um den Erhalt dieser besonderen Papiermühle, einem einzigartigen historischen Monument. Die Weiße Zunft, das Papiermacher-Handwerk hat er bei Meistern in der Baseler Papiermühle, in der Papiermacherschule Gernsbach sowie in der Eifel und Berlin gelernt.

Als gelernter Schreiner stellt er seine Schöpfsiebe und -rahmen selber her und ergänzt beide Handwerke in idealer Weise. So fertigt er alles selber, die Papiere und das Schöpfmaterial. Sein Wissen und Können führt zu feinsten Papieren, die in der Papierscheune Homburg anbietet.


Fasern, Farbe und Finger

Johannes hat bereits Baumwolle und Hanf im Verhältnis 90 : 10 im Holländer zu Faserbrei bereitet. Baumwolle ist fast pH-neutral, also säurefrei, somit wird das Papier später recht alterungsbeständig. Die Zugabe von Fixierung führt zu einer besseren Aufnahme von Farbpigmenten. Fasern sind wie Fäden, es entstehen Bindungsarme, meint Johannes »sie sind also sehr kontaktfreudig«. Reibt man den Brei zwischen den Fingern, entstehen ungewollte Knoten, die sich kaum auflösen lassen – aha, den Fehler mache ich jetzt nicht mehr.


Und nun ran an die Bütte

Die Schürzen liegen bereit, die Füße stecken in Gummistiefeln und unsere Bütten werden nun nach und nach mit Wasser gefüllt. Schon hier muss auf Verunreinigungen an der Bütte oder im Wasser geachtet, um keine Einschlüsse später im Papier zu haben. Das ist einfach und sehr wirkungsvoll, habe ich bisher nicht bedacht. 

Vor dem Schöpfen muss der Brei mit dem Papier-Rührer kräftig vorgeschlagen werden, damit sich die Fasern durch die erzeugte Strömung unter der Wasseroberfläche gleichmäßig verteilen. Klingt nach viel Theorie und ich freue mich über das Lernen.


Das schöpferische Handwerkszeug

Wir lernen die Unterschiede der Schöpfsiebe kennen, sehen die geschreinerten Holzrahmen und -deckel mit den handgearbeiteten Strukturen der genähten Stütz- und Velin- oder Vergégewebe aus Bronze. Jedes allein ist schon ein kleines Kunstwerk. 

Anschließend staunen wir über Johannes' Wasserzeichen im Schöpfsieb, das aus dünnen handgesägten Metallplatten gefertigt direkt mit Kupferdraht auf das Sieb von Hand genäht wurde.

Es sieht prachtvoll aus, finde ich.


Filze vor dem Gautschen wässern

Unter prüfenden Blicken schöpfen wir nun der Reihe nach auf die über Nacht gewässerten Gautschfilze. Das war mir neu, reduziert aber das Blasenschlagen beim Gautschen wie Johannes uns lehrt. 

Wir rühren fleißig den Faserbrei in der Bütte, schöpfen auf den neuen Sieben und gautschen Bogen für Bogen auf den gewässerten Filzen. Die Stapel wachsen und Johannes zeigt uns die Handhabung der Spindelpresse. Hier werden die Bogen samt der Gautschfilze und Trennbrettern unter Hochdruck gepresst.


Schöpfen, gautschen, pressen – und legen

Die Bogen bleiben rund eine halbe Stunde in der Presse und werden im nächsten Schritt auf Löschkartons mit Hilfe von Pinzetten zur weiteren Trocknung gelegt. Davor habe ich viel Respekt, merke aber, dass die Bogen bereits schon eine gute Festigkeit haben. Nach einigem Legen bekomme ich etwas Übung und meine Sorge, sie könnten reißen, löst sich auf. Damit geht ein erlebnisreicher Tag mit vielen Eindrücken zu Ende und wir machen alle Feierabend.


Heute wird es bunt

Um farbige Papiere zu schöpfen, braucht es Zusätze. Dazu nutzt Johannes spezielle Farbpigmente, die sich gut mit dem Faserbrei verbinden und nicht mit dem Wasser. Hierzu mischt er verschieden farbige Faserbreie für unseren Kurs. Eine wünscht sich Schwarz. »Schwarz ist wie im Weltraum schöpfen – man sieht nichts«, meint Johannes daraufhin und lacht. Man kann aber auch mit Kaffeesatz, Konfetti oder Blüten Papiere veredeln und melieren.


Schnell erschöpft, gern aber zünftig

Mein Wunsch nach farbigen Papieren erschöpft sich sehr schnell und auch das Experimentieren mit weiterem Material weckt wenig Neugier, auch wenn es mal ganz reizvoll sein kann, alte Buchseiten in ein Papier zu schöpfen. 

Viel mehr interessieren mich aber die Wasserzeichen und freue mich über das Sieb mit dem alten Zunftzeichen der Papiermacher »Mit Gunst von wegens Handwerk«. Ob es eine Antwort auf diese Begrüßung von Wandergesellen gibt, möchte ich noch herausfinden. 


Und Spaß zum Schluss »Follmers Kochstudio«

Am dritten Tag wurde weiter geschöpft und experimentiert. Es kam die Frage auf, wie sich auch zu Hause schöpfen lasst und es startete »Follmer Kochstudio«. Auch wenn es nicht ganz so war wie auf der Montage, hatten wir viel Spaß. Johannes zeigte, wie aus Altpapieren mit Haushaltsgeräten recht einfach neue Papiere entstehen können. Hier lassen sich beispielsweise in einem Mixer aus Eierkarton und Papierservietten sowie weiteren Zusätzen (Kaffeesatz, geschredderte Geldscheine oder sogar kleine Buchstaben) nette kleine Postkarten schöpfen und – wer hat – in einer Mikrowelle trocknen – Ahoi.


Weiter ins Schöpfen eintauchen

Weiter in das Handwerk des Papierschöpfens einzutauchen, mehr zu lernen und geübter zu werden, um dann immer bessere Papier herstellen zu können, ist ein gutes Ziel. Ich habe viel gelernt, bereits gemachte Fehler verstanden und hätte nach drei Tagen nun richtig loslegen können. Daher war es nicht das letzte Mal, ich komme wieder und bleibe länger.


Sehr schöpferisch

Danke Johannes

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Kommentare: 1
  • #1

    Sabine (Donnerstag, 17 Juli 2025 20:53)

    Danke, liebe Jana, für den schönen Bericht. Und als eine der Teilnehmenden kann ich nur bestätigen, dass es ein ganz tolles Wochenende mit vielen neuen Eindrücken, Erkenntnissen und Erfahrungen war.
    Ich hoffe, es geht irgendwann in die nächste Schöpf-Runde.