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Ein Tag bei Achim Wittrin

Würfeln am Trettiegel

Heute in bei Achim in der kleinen Letternpresse

Arbeiten am Trettiegel

Wie angekündigt, werde ich nun immer mal wieder neben den TypoWalz Wochen einzelne Tage in einer Werkstatt oder einem Atelier verbringen und somit die Zeit überbrücken, in der ich nicht reisen kann. Auf meiner 11. Station war ich bereits bei Achim vor Ort in Hamburg. Schon damals wollte ich an der historischen Phönix Tiegeldruckpresse von ca. 1880 arbeiten – kannte ich einen hand- und fußgetriebenen Tiegel doch noch nicht – bin dann aber nicht mehr dazu gekommen.  Also ist das ein gutes Projekt für heute.


Frühlingsfarben

Die Sonne strahlt in die Werkstatt und draußen singen die Vögel vom beginnenden Frühling. Auch ich bin in Frühlingsstimmung und habe mir für heute kleine Schachtel-Rohlinge in frischen Farben besorgt, an denen ich das Drucken am mechanischen Trettiegel lernen und ausprobieren möchte. Die Schachteln werden zu kleinen Würfeln gefaltet und da die Osterzeit naht, will ich daraus »quadratische Ostereier« fertigen.


Ein kleiner Hase springt

Für die sechs Würfelseiten mache ich mich auf die Suche nach passenden Schriften und Klischees aus Achims reichen Fundus. Dabei freue ich mich jedes Mal, wenn ich etwas Neues entdecke, egal, wie groß oder klein. Außer einem Hasen und einem Fisch, ist es ein winziger springender Hase, der mein Herz höher schlagen lässt und Achim ist überrascht, da er ihn gar nicht zu kennen glaubt. Vielleicht ist es ja schon ein kleiner Osterhase ...


Unerwartetes Maß

Beim Ausmessen der Würfel staune ich, denn sie haben ein typgrafisches Maß von 12 × 12 Cicero (wie auf meiner 2. Station bei Hans). Inzwischen habe ich passende Buchstaben gefunden, stelle diese grob zusammen, um meine sechs Würfelflächen zu gestalten. Auch wenn jeweils nur drei Seiten in einem Schritt bedruckt werden, braucht es noch eine vierte nicht druckende quadratische Fläche, um einen stabilen Halt im Schließrahmen zu erzeugen. Also bereite ich insgesamt acht Formen vor.


Farbwahl und Nudelabzug

Für den Probeabzug will ich schon gleich eine Farbe wählen, die zu allen Kartons der Schachtel passt. Mithilfe des Farbfächers und etwas Beratung ist dann ein Blauton gewählt und ich kann die ausgebundene Satzform einmal an einer einfachen Abziehpresse, einer »Nudel«, für den Korrekturabzug drucken. Die kleinen Änderungen sind schnell gemacht, so dass ich nun an den Trettiegel gehen kann. Achim hat mich ausführlich eingewiesen und lässt mich selbstständig arbeiten. 


Hoffentlich entwischen Hase und Fisch nicht

Der Schließrahmen lässt sich gut aus dem Tiegel heben und wird nun mit den Druckformen bestückt. Dabei muss ich genau überlegen, welche der Formen wohin kommt, da ich alle Seiten unterschiedlich ausgerichtet haben möchte.

Es ist ein gutes Gefühl, dass mir das Setzten allmählich schon recht gut von der Hand geht. Allerdings habe ich doch Sorge, dass die beiden unebenen Klischees von Hase und Fisch das Schließen des Rahmens erschweren, aber – es ist alles fest und los geht es.


Der Tiegel will richtig getreten werden

Nun geht es an das Einfärben der Walzen. Das schwere Schwungrad will gedreht und der richtige Rhythmus getreten werden. Gar nicht so einfach, denn trete ich zu fest, wird es zu schnell, trete ich zu langsam, kann es sein, dass die Bewegung des Tiegels stockt. Puh, mir wird warm.

Schließlich muss der Stand noch ausgerichtet werden, damit der Druck auf die richtigen Seiten der Schachteln trifft. Es heißt also Probedrucken, rechnen, eine neue Anlage kleben, weiter testen und dann – ist es geschafft. Allmählich haben der Tiegel und ich einen gemeinsamen Takt gefunden und nach etwas Übung bekomme ich den richtigen Moment heraus, eine bedruckte Schachtel zu entnehmen und eine neue einzusetzen. 


Messen, schließen, drucken und drucken

Die Druckfarbe addiert sich mit der Papierfarbe und sieht folglich im Ergebnis verschieden aus. Theoretisch habe ich es gewusst, praktisch aber nicht bedacht, also wieder etwas gelernt. Da ich aber nur eine Farbe verwenden möchte, um nicht zwischendurch auch noch die Walzen zu waschen, bleibe ich dabei.

Es ist ein Glück, mit solch einem historischen Gerät arbeiten zu können, das mit ausgeklügelter Mechanik wunderbar druckt. Ich genieße das leise Surren des Schwungrads, das Klackern der Papierhalter und das leichte Ächzen, wenn die Farbe aufgedruckt wird. Am Ende habe ich es tatsächlich geschafft, beide Seiten meiner über 100 »Oh ein Ei«-Schachteln zu bedrucken. Und da dieses Jahr die BuchDruckKunst nicht vor Ostern stattfindet, sind die vielen bunten »quadratischen Ostereier« nun hier zu finden:


Was für ein toller Tag

Danke Achim

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Kommentare: 4
  • #1

    Gert Laufenberg (Samstag, 27 Februar 2021)

    Hallo Jana,
    das hat sicher Spaß gemacht.
    Das Setzschiff mit dem Holzrand ist weckt
    Erinnerung an meine Lehrzeit
    bei der Hanseatischen Druckanstalt.
    Das hätte ich mir damals unter den Nagel
    reißen sollen.
    Obwohl das Schiff garnicht so beliebt
    war bei den Kollegen, hat es mir gut gefallen.
    Ich habe es immer für Akzidenzen benutzt.

    Ein schönes Wochenende
    wünscht Dir
    Gert

  • #2

    Helga (Sonntag, 28 Februar 2021 19:55)

    Moin, das war ja schön, mal wieder einen Bericht über aktive Setz- und Druckarbeit zu lesen.
    Jetzt muss ich nur noch zusehen, wie ich auch die Ostereier in eine Würfelform bekommen.
    Grüße von Helga

  • #3

    Jana auf TypoWalz (Montag, 01 März 2021 11:29)

    Hallo Gert,
    ja, es war mir eine Freude. Zum einen, da ich endlich mal wieder in einer Werkstatt sein konnte und zum anderen, weil ich nun in Genuss des Druckens mit einem Trettiegel gekommen bin. Das kleine Holzschiff mochte ich schon, als ich meine Woche bei Achim war und musste gleich wieder genutzt werden.
    Dir eine gute Woche und ☞ Gott grüß die Kunst

  • #4

    Jana auf TypoWalz (Montag, 01 März 2021 11:32)

    Moin Helga,
    es war sehr erfüllend und die kleinen Würfelschachteln ideal, um an dem Tiegel richtig in Schwung zu kommen. Und quadratische Ostereier machen natürlich Spaß.
    Danke dir und ☞ Gott grüß die Kunst