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Farben und die TypoWalz(e)

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Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt

die TypoWalz(e)

Aufräumen, verpacken und richtig ablegen

Da Christa und ich uns bereits auf dem Weg zur Mitgliederversammlung begegneten und uns auch gleich am nächsten Tag in ihrer Handsetzwerkstatt Fliegenkopf verabredeten, habe ich das Gefühl, wir hätten doch eine ganze Woche zusammen gearbeitet, obwohl es faktisch nur drei Werktage waren.

Die Plakate sind inzwischen alle getrocknet, so dass ich sie heute Abend tatsächlich mit in den Fernbus nehmen kann. Nun geht es daran, die beiden Formsätze abzulegen und ich bin wieder begeistert von der Idee, die Holzbuchstaben an der Seite mit der Regal- und Fachnummer zu kennzeichnen. Das macht das Ablegen besonders bei so vielen unterschiedlichen Schriften deutlich leichter. Bisher habe ich das Blindmaterial immer gelegt und sortiert, um die unterschiedlichen Höhen beim Darüberstreichen mit den Fingern zu ertasten. Christa lehrt mich jedoch das Sehen und wir stellen das Material aufrecht. Nach einer gewissen Übung erkenne ich die verschiedenen Punktgrößen und kann die Quadraten, Regletten und Spatien ohne erst zu fühlen wegsortieren.


Wieder ein Grund für meine typografische Reise

Bei dem einen und andren Blindmaterial fallen mir kleine Prägungen an der Seite auf und ich nehme diese mit dem Fadenzähler unter die Lupe. Wie ich erkennen kann, handelt es sich um eine Art Firmensignatur, und nach der Reinigung der Oberfläche staune ich nicht schlecht, als ich »Hamburg« lese. Beim genaueren Hinsehen finde ich bei der einen Spatie zusätzlich eine Sternenform.

Wir holen ein Fachbuch und lesen, dass es sich um die »Gußmarken der Schriftgießerei Genzsch & Heyse, Hamburg« handelt, und zwar zwei Spatien, die direkt aus Hamburg kommen sowie eine weitere, die aus dem »Zweiggeschäft und (der) Filialgießerei in München 1881 – 1906« stammt. Zusätzlich finde ich auf einem Bleibuchstaben noch eine Gußmarke aus Leipzig.

 

Ich bin im Glück und wieder bestätigt sich, warum ich auf typografischer Reise bin, die mit der Suche nach einer »Hamburger Schrift« begann.


Gold auf roter und gelber Farbe mit ›et‹ und ›&‹

Auf meiner 2. TypoWalz Station bei Hans Dubronner habe ich erfahren, wie man frisch gedruckte schwarze Farbe vergolden kann. Christa will mir nun zeigen, wie unterschiedlich Gold auf Rot und Gelb wirkt und wir suchen uns dazu einige ihrer vielfältigen ›kaufmännischen Und‹-Zeichen heraus, die aus der ›et‹ Ligatur ab Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden sind. Es sind zum Teil sehr schöne und künstlerische Formen dabei. Kombiniert mit dem Wort ›TypoWalz‹ beginnen wir den Druck der ›et‹ Zeichen in roter und gelber Farbe. Anschließend wird das Goldpuder, wie bereits bei Hans gelernt, mit einem Wattebausch auf die nasse Farbe getupft. Es fällt auf, dass der Ton unter dem Gold einen deutlichen Einfluss auf das Ergebnis ausübt. Während das Rot unter dem Gold einen satten edlen Glanz erfährt, wirkt das Gelb unter dem Gold zwar auch glänzend, jedoch deutlich schwächer.


Experimentelle TypoWalz(e)

Während Christa einen neuen Eintrag in mein Wanderbuch erstellt, nutze ich die Zeit und experimentiere mit den Farbresten von Rot und Gelb, mische sie beim Auftrag auf die Buchstaben und walze anschließend die Farben direkt auf Papier und drucke mehrfach versetzt über- und durcheinander.

Es entstehen mit der Zeit spannende Effekte und neue Bilder. Selbst auf der Walze entstehen kunstvolle Flächen. Dort, wo die Farbe auf die Lettern gerollt wurde, entstehen Spuren auf dem Walzengummi, die durch die Farbe hindurchlugen und seitenrichtig lesbar sind. So entsteht eine »Typo Walze«, oder besser die TypoWalz(e). Ich könnte immer so weiter machen, da sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt.


Frauen im Druckgewerbe

Am Ende zeigt Christa mir noch allerlei alte Fotos zu Frauen im Druckgewerbe früher, das ist ein sehr spannendes Thema, da das Handwerk fast ein reiner Männerberuf war. Es gibt zudem eine Dokumentation über eine Klosterdruckerei in der Schweiz. In dieser haben ausschließlich Nonnen gearbeitet und vom Handsatz bis zum fertigen Druck alles selbst ausgeführt, die sogenannten »Paulusschwestern«. Selbst in der Mission haben sie Druckereien zum Verbreiten christlicher Schriften aufgebaut.

Das ist sehr besonders.


TypoWalz Fotos

Und zu guter Letzt gibt es noch das traditionelle TypoWalz Foto aus der Werkstatt von der Meisterin und mir sowie das Foto von der jeweiligen Stadt mit einem Straßen- oder Bahnhofsschild. Diesmal ist es erst am letzten Abend in München am Bahnhof ZOB entstanden, kurz vor meiner Abfahrt mit dem Fernbus.

Es war eine kurze, aber intensive Woche. Ich habe wieder viel gelernt und Neues entdecken können.


Danke Christa

und »Gott grüß die Kunst«

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Für dies Jahr ist es nun die letzte Reise, aber es sind bereits Stationen für 2020 geplant.

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Kommentare: 2
  • #1

    Gert Laufenberg (Donnerstag, 07 November 2019 20:53)

    Hallo Jana,
    wenn du wieder in Hamburg im Museum der Arbeit bist,
    suche ich mit dir aus unserem Blindmaterial Quadraten und Regletten mit Kennung GH raus.
    Gruß
    Gert

  • #2

    Jana auf TypoWalz (Mittwoch, 13 November 2019 14:13)

    Liebe Gert,
    das ist toll, ich freue mich schon drauf noch mehr davon zu sehen.
    Viele liebe Grüße und
    ☞ Gott grüß die Kunst